Der Pflichtteil im Erbfall

Über den Tod sprechen wir oft nicht gerne. Wir neigen häufig dazu, dieses Thema zu verdrängen. Und damit auch alle hiermit zusammenhängenden wichtigen Fragen. Und dann ist es doch plötzlich so weit. Der Tag, von dem Alle wussten, dass er irgendwann kommt, ist da. In der Familie tritt ein Todesfall auf. Oft ist es nicht leicht, dann die Gedanken zu ordnen und sich neben persönlicher Trauer auch noch um „rechtliche Dinge“ zu kümmern. Dennoch werden von Angehörigen recht schnell Entscheidungen erwartet. Besser wäre es also, man bereitete sich zu Lebzeiten gut vor, um in der Krise gut zu „funktionieren“.

Manchmal hat der Verstorbene (Erblasser) kein Testament oder andersartige Verfügungen für Erben getroffen. Dann gilt die gesetzliche Erbfolge, so dass das Vermögen an die nächsten Angehörigen fallen wird.

Oftmals ist die gesetzliche Erbfolge (also die Situation, wenn kein Testament oder ein Erbvertrag aufgesetzt worden sind) nicht diejenige, die gewünscht war, weil speziell nahestehende Personen nicht besonders bedacht wurden. Oder es sollten eigentlich spezielle Vermögensgegenstände (Haus oder Schmuck) speziellen Personen zufallen und „landen“ nun einfach allgemein im Nachlass.

Manchmal aber hat der Erblasser auch ein Testament gemacht und einigen Angehörigen mehr als den anderen zugewendet. Vielleicht hat er gar Teile seines Vermögens Dritten vererbt. Dann kann es sein, dass Angehörige davon ausgegangen waren, etwas zu erben und dann plötzlich feststellen, dass sie enterbt worden sind. In diesem Fall ist es wichtig, Pflichtteilansprüche zu prüfen.

Das Pflichtteilrecht soll der Testierfreiheit des Erblassers Grenzen setzen und Angehörigen des Verstorbenen einen Mindestanteil von der Erbmasse sichern, wenn sie durch Verfügungen (Testament oder Erbvertrag)) des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge (also die Erbfolge die gilt, wenn kein Testament geschrieben wurde) ausgeschlossen sind.

Pflichtteilsberechtigte sind also nicht direkt am Nachlass (vererbtes Vermögen des Verstorbenen) beteiligt. Statt dessen haben sie einen persönlichen Anspruch gegen Erben auf Zahlung einer Geldsumme in Höhe der Hälfte des Wertes, der im Falle des gesetzlichen Erbteils angefallen wäre.

Grundvoraussetzung eines Pflichtteilsanspruch ist also immer, dass ansonsten ein gesetzlicher Erbanspruch bestanden hätte. Berechtigt sind grundsätzlich Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel etc.), Eltern, ein überlebender Ehegatte oder ein eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebenspartner.

Weiterhin berechtigt sind nicht eheliche und adoptierte Kinder (falls grundsätzlich erbberechtigt) und ungeborene aber bereits gezeugte Kinder.

Unter grundsätzlicher Erbberechtigung ist zu verstehen, dass die jeweilige Person, für die ein Pflichtteilsanspruch untersucht wird, ohne die Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) gesetzlicher Erbe geworden wäre. Gibt es zum Beispiel Abkömmlinge (Kinder) des Verstorbenen, entfällt ein Pflichtteilsanspruch der Eltern. Die Abkömmlinge als Erben der so genannten ersten Ordnung verdrängen die Eltern als Erben der zweiten Ordnung.

Weiter ist Voraussetzung, dass der Pflichtteilsberechtigte durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurde (Enterbung).

Eine solche Enterbung kann ausdrücklich erfolgen oder aber auch konkludent (stillschweigend).

Ein in der Praxis besonders of auftretender Fall ist, dass Ehegatten sich im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments gegenseitig zu Erben einsetzen. In einem solchen Fall sind die Kinder dieser Eheleute nach dem Tod eines Ehepartners faktisch von der Erbfolge ausgeschlossen, also enterbt.

Als Abkömmlinge verfügen sie dann über einen Pflichtteilanspruch gegenüber dem länger lebenden Ehepartner. Ob es zweckmäßig ist für Kinder, diesen Anspruch geltend zu machen, hängt von den Besonderheiten des Einzelfalles ab: familiäre Situation und Beziehungen der Familienmitglieder, Bedarf an sofortigen Geldzuflüssen (und nicht erst bei Versterben des anderen Ehepartners) sowie die Gestaltung des Ehegattentestaments. Oft enthält ein solches Testament auch „Strafklauseln“ für den Fall, dass Kinder den Pflichtteil im Falle des Versterbens eines der Eltern geltend machen.

In diesem Fall wird oft angeordnet, dass das den Anspruch geltend machende Kind auch im Falle des Ablebens des zweiten Ehegatten nur den Pflichtteil erhält. Es sind also viele Besonderheiten des Einzelfalles zu untersuchen, bevor ein Entscheidung – gegebenenfalls auch im Familienverbund – getroffen werden sollte.

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Weiterhin hat ein Erbe, welcher eigentlich aus einem Testament oder Erbvertrag Ansprüche herleiten kann, in einigen Situationen die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und einen Pflichtteil zu verlangen.

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